Nacht-Ziele

Jedem Anfang wohnt ein Ende inne, und der Zauber existiert nur, um darüber hinweg zu täuschen. Das ist seine Aufgabe, gar sein Beruf als Zauber-Kunst, der Kunst der Täuschung, der Vorspiegelung falscher Tatsachen. Kein Künstler, der davon nichts ahnen will und wollte!     
Euch wortgewaltigen und –gewandten, langen Schatten längst vergangener Zeiten vertraue ich an, dass noch genügend Geheimnsse erhalten blieben, weil es sie geben muss, um nicht ohnmächtig zu Boden zu sinken beim Anblick dessen, was weder Tageslicht noch Bühnen jeglicher Art scheut. Das Gute ist das Unwahre, das Böse auch.
Auch der Langstreckenläufer erreicht irgendwann sein Ziel, sofern er nicht vorher zusammenbricht. Langstreckenläufer ohne Ziel sind langweilig.
Der Wege Eigensinn – der eigenen Wege Sinn…
Wer (mit)bestimmen will, sollte seine Stimme erheben, statt sie abzugeben. Und wer nicht darauf warten will, "erlöst" zu werden, möge selbst nach Lösungen suchen.

Eine Minute genügt, um täglich neu, und jedes Mal, was die Lösung angeht, vergeblich über die Grenzen des Erkenntnisvermögens nachzudenken –  vergleichbar einem Ausflug oder einem Spaziergang durch den Park, der bei jeder Wiederholung Bekanntes in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Eine noch so kleine Einheit der Lebenswelt, etwa jene von ein Paar Schuhen, führt binnen kurzer Zeit des Fragens nach ihren Daseinsgründen in die Irre des nicht mehr gedanklich Organisierbaren, obwohl sie doch – für sich – durchaus zweifellos organisiert ist.

Es wurde gemessen, dass nur etwa ein Prozent dessen, was sich innerhalb unseres Blickfelds befindet, "scharf gestellt" werden kann. In diesem Moment bilden ca. 12 Großbuchstaben der PC-Tastatur den scharf gestellten Ausschnitt meines Blickfelds. 

Zwangshandlungen, Panikattacken oder sonstige "harmlosere" (Ver-)Störungen begleitet in irgendeiner Weise die diffuse Angst, den Überblick zu verlieren, und dass dies jeden Moment geschehen könnte, steigert die Symptomatik bis ins Unerträgliche. Dabei ist ein Überblick ja ohnehin nur annähernd und sehr begrenzt möglich; nie gelingt er ganz. Und ist nicht – unübersichtlich, hinterrücks – auch mit jener Angst der Wenigen zu rechnen, die allzu viel an Überblick der Vielen fürchten? Wie also lässt sich dennoch überblicken, was benötigt wird, um der – jederzeit angriffsbereiten – Angst so zu begegnen, dass eben nicht mehr gilt: "Angst essen Seele auf" (R. W. Fassbinder)?      

"Du bist die Aufgabe. Kein Schüler weit und breit." (Franz Kafka, Tagebücher) Weit und breit auch kein Lehrer, der ersatzweise befugt wäre, sie zu stellen. Also stell dich selbst dem fortgesetzten In-Frage-Stellen des Gegebenen. Nur was fraglich ist, verdient es, Aufgabe zu sein oder zu werden. So wünschenswert es ist, dass darüber ein freier Wille entscheiden möge, so wenig konnte die Frage nach den Bedingungen seiner Möglichkeit bislang beantwortet werden. Erkenne deine Aufgabe und bezweifle sie; bleibe ein Unsicherer.

Davon unberührt, jetzt gleich aufzustehen, hinauszugehen und jeden Schritt (oder wenigstens einige Schritte) als unwiederholbaren Moment und Teil eines Lebensweges zu erleben – wäre das nicht eine Befreiung?