bookmark_borderUnerzählte Nächte

Der Erzähler kam rum in der Welt – so wurde erzählt. Allein schon deshalb hatte er etwas zu erzählen, als ein Wanderer zwischen den Wüsten-Städten und Karawanen, einer, dem nur zugehört werden brauchte, um etwas Neues zu erfahren, einer, der zählte. Die Erzählerinnen fühlten sich, so weit bekannt, mehr für die Märchen und (religiösen) Mysterien zuständig. Sie alle waren sowohl systemrelevant als auch systemkritisch.

Einer dieser wenigen, noch nicht ganz vertriebenen Wanderer lebt seit Jahrzehnten nahe Paris, andere vereinzelt in Wien, Berlin, München. Die Cafés werden Bistros, die Kneipen machen dicht – Ruhestörung! Der Erzähler zahlt und zählt nichts mehr; es sei denn, er erteilt Ratschläge. Er wird Berater oder beratende Psychologin oder Talkshow-Gast. Das zählt, das zahlt sich aus. Vielleicht verzählt sich dieser oder jener irgendwann einmal bei all seinen  Anlagen, aber es wird sich ausgezahlt haben. Ähnliches gilt für die einen oder anderen Erzählerinnen in Brandenburg, Kreuzberg oder München.

Bei “Markus Lanz” freut sich dieser dann sehr über all die “äußerst lesenswerten” Bücher seiner Gästeschar. “Schön, dass Sie da sind!”

Es zählen dann all die, die alles Mögliche “nicht wirklich…” finden, und zum Vortrag kommen all jene, mit postmoderner Geste der Stilbewusstheit garnierten, auch noch so banalen, belanglosen und aufgeblasenen Gedanken, die dann sogleich zur “Erzählung” oder, wahlweise mit intellektueller Anspruchs-Pose, zum “Narrativ” erhoben werden müssen – nicht nur bei “Markus Lanz” oder “Sandra Maischberger”. Im “Literarischen Quartett” wird in noch mehr Nicht-Wirklich-Sätzen sowie mit noch viel mehr Pathos das etwas anspruchsvollere Bildungsbürgertum mehr schlecht als nötig und recht mit “Narrativem” versorgt. Den Rest erzählt allen dann Dieter Nuhr, begleitet von einem weiteren Narrativen, meist bekleidet mit schwarzer Pudelmütze.

Keine Zeit also, kein Ort und keine Räume für romanhafte Begebenheiten, keine Zeit für Erzähler.

Ich aber zähle nicht. Mich rechnet nicht dazu und rechnet nicht mit mir. Ich bin und bleibe unbezahlbar, unzurechnungsfähig, überzählig.

“Die einzige Art, gegen die Pest zu kämpfen, ist die Ehrlichkeit.”

(Albert Camus: “Die Pest”)

bookmark_borderNACHTGRÜNDE

Nächtliches Verschwinden des Begründbaren

Wenn etwas für mich richtig klingt, brauche ich sehr oft keinerlei Begründung für diese Art Evidenz, im Gegenteil: Erst die Begründung veranlasst mich, zu zweifeln. Die Begründung ist auch der Grund für diesen Satz.

“Es gibt keinen Grund, warum etwas da ist.” (Jean-Paul Sartre)

Was ich setze, ist gültig. Das setze ich voraus. Gesetzt: der Grund des Existierenden ist unergründlich. Dann ist das, was existiert, das Da-Seiende. Sinn-Fragen setzen voraus, dass es Antworten darauf geben könnte. Sind es nicht die Antworten, die immer schon da waren, und nur geduldig auf die richtigen Fragen warten?

Verspätete Frage an T.W. Adorno: Was nützt es, wenn die “Karten auf dem Tisch” liegen und keiner mehr versteht, damit zu spielen? Die Kritik der kritischen Kritik entschwindet in die Eindimensionalität der Talkshows. Der Kritikbegriff selbst verwahrlost in abgeschiedenen Gehöften weiter Ebenen. Das Unvorstellbare ereignet sich an jedem Tag, in jeder Nacht. Auch wenn das Ganze nicht das Wahre sein sollte, das Unvorstellbare ist es in jedem Fall.

“Sieh, das ist der letzte Tag, und sollte er es nicht sein, so ist er dem letzten Tag nahe.” (Seneca)

Wie schön kann es sein, blutjung oder steinalt zu sein! Und wie widerwärtig es klingt, jemanden als “steinreich” bezeichnet zu finden!

bookmark_borderNacht und Tag

Welt-Bilder und Menschenworte (statt Gendersternchen-Alibi)

Bild 1:

“Wenn Fichtes Werke Frau Fichte geschrieben hätte, wären sie schlechter?”

(Rahel Varnhagen von Ense)

Bild 2:

“Für etwas, das immer da war, gibt’s keine Zeit.”

(Rahel Varnhagen anno 1821 / Albert Einstein / Steven Hawking)

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Bild 3:

Dass die Weisen aller Zeiten – ganz ohne Sternchen – seit jeher einander zuwinken, gehörte zum  Welt-Bild J.W. v. Goethes, Rahels Zeitgenosse. Sie schätzten und erkannten einander: Freunde, Gleichgesinnte! (Goethe)

 

Schwarz-Weiß

Spiegelglatte Schneewiesen im Stadtteil-Park. Menschen in der Nachmittagssonne. Jubelndes Rodelkinder-Geschrei, krachende Plastikschlitten-Ersatz-Gleitgerätschaften.  Des Himmels sonnenlichternde Wolkenwirtschaft wärmt und beschönigt – als sei es ihr Zweck, besonders heute und seit jeher?

An den drei Tischtennisplatten, neben der Kleinkinder-Rodelbahn, fliegen die Bälle wie eh und je, trotz einiger Minusgrade und rutschigem Geläuf. Auch ein  Schneemann mit grüner Mütze auf dem unbespielten Nachbarsportgerät guckt zu. Wintersport, der nirgends vorkommt in den täglichen Berichterstattungen. Aber nicht unwahrscheinlich ist dennoch, dass irgendwann dann doch eine Lokalreporterin von der Sache Wind bekommt, sich neben einer Kamera, oder mit einem Smartphone bewaffnet, aufbaut, um wieder mal “spannende” Fragen zu stellen. Denn der elegante Spieler mit der durchgehend weißen Kleidung und der gelockten Kraushaar-Frisur, heißt Rainer Langhans – guter Spieler, reich an Gedanken und Mitteilungen, Weggefährte mitunter des schreibenden Parkgehers.

Der tägliche Weg, der gegangen sein muss, führt weiter durch die Parkgegenden und, in sanften Serpentinen, hinauf zum Schuttberg, darunter einst Münchner Kriegstrümmer begraben wurden.

Erkennbare und stille Blicke der Vorübergehenden des Tages, Berggesichter in weiter Ferne hinter der Stadt, am südlichen Horizont, heute Nachmittag. Hinunter zu den, von anfangs vier, fünf kleinen, im Lauf der Zeit auf fast einhundert angewachsenen Stein-Türmchen bei der Mauer, neben dem Rückweg, auf halber Höhe, die tägliches Nachschauen bzw. Wiederaufbau-Maßnahmen erwarten, auch im Schnee, immer. Bilder der Welt.

“Nur der Tag ist mir versüßt, an dem ich durch oder für meine Gedanken etwas Neues erfahre.”

(Rahel Varnhagen)

 

bookmark_borderGute Nacht

Sehr gern

Bis zur Halbzeit war es nicht wirklich spannend.

Es ist wirklich unglaublich, nach der Pause war’s definitiv ein völlig anderes Spiel.

Wir freuen uns auf die wunderbare…

Meinem nächsten Gast ist ein unglaublich spannendes Buch über seine Zeit als Bäcker auf Zeit gelungen.

Bitte begrüßen Sie mit mir die unvergleichliche und derzeit eine der erfolgreichsten und nachgefragtesten deutschen Moderatorinnen…

Schön, dass Sie da sind. – Sehr gern!

Die Flanken waren meistens nicht wirklich gefährlich.

Ein definitiv unglaubliches, unfassbares  Spiel.

Was hat das mit Ihnen gemacht, diese Erfahrung in dieser unglaublichen Tiefe?

Von einer Verbesserung der Situation kann nicht wirklich gesprochen werden.

Ich muss sagen, das hat mich dann doch sehr angefasst.

Bitte begrüßen Sie die unfassbare, wunder-, wunderbare…

Besuchen Sie uns auch sehr gern auf unserer Homepage.

Auf ihn habe ich mich heute besonders gefreut. Bitte, begrüßen Sie mit mir…

Und ja: das ist hier alles angenehm unaufgeregt, irgendwie entspannt.

Ich freu’ mich auf Sie.

Schön, dass Sie dabei sind.

Wir sind gleich wieder für Sie da.

Ah ja! Das klingt aber sehr spannend.

Was ich Sie eigentlich schon immer mal fragen möchte…

Noch eine letzte Frage, mit der Bitte um eine kurze Antwort.

Danke für Ihre Einschätzungen.

Sehr gern.

bookmark_borderIn die Nacht hinein

Wer in den Tag hinein lebt, hört und sieht auch in ihn hinein und gelangt, fast zwangsläufig, irgendwann einmal zu einem Punkt, von dem aus er mühelos über den Tag hinausgehen kann.

Objektiv

Nur ich selbst kann von mir sagen, dass es mir objektiv ganz gut geht. Ein Anderer kann auch sagen, dass es mir objektiv ganz gut gehe, aber dies sagt und bedeutet nichts für den Wahrheitsgehalt seiner Aussage.

Einfach

Am besten ist es (fast immer), zu sehen und zu schauen, was da ist und zu lesen, was da steht und zu hören, was ins Ohr vordringt. So einfach diese Erfahrung klingt, so schwer ist sie zu machen und dann auch noch zu beherzigen. Etwas beherzigen – das gefällt mir, das will ich versuchen.

Mir gefällt es jetzt. Jetzt ist es gut.

“Wenn Du etwas über einen anderen Menschen erfährst, dann erfährst Du auch etwas über Dich selbst.”

(Robert Redford in dem Film: “Die Akte Grant”  (Regie: Robert Redford, 2012)

Gib dich zu erkennen, damit ich dich sehen kann; gib dich zu erkennen, damit du dich selbst besser siehst.

Ausgerechnet die Tauben(!) wurden auserwählt, die Botschaften zu überbringen. Aber es schien ja – irgendwann einmal – zu funktionieren. Manchmal wünschte ich das auch heute herbei.