Sprachspiele

Beim Spiel mit der Sprache ist stets damit zu rechnen, dass die Sprache, als vorläufiges Resultat aller bisherigen Sprecher und Schreiber, durchaus aktiv mitspielt. Sie fordert schiefe Vergleiche heraus, verleitet zu unangemessenen Übertreibungen, mehr oder weniger gelungenen Zweideutigkeiten, mitunter sogar zu armselig-albernen Wortspielen (von Komikern wie Willy Astor) oder sie lässt Lügen (nicht nur von „Personen des öffentlichen Lebens“) allein schon anhand der Formulierung als solche erahnen. Die Sprache überzeugt eben auch – und nicht zuletzt – in ihrer Rolle als raffinierter Spielverderber.
Was heute richtig ist oder dafür gehalten wird, kann schon morgen falsch sein oder dafür gehalten werden. Und wenngleich diese Plattitüde längst jedem klar sein sollte (oder wenigstens könnte), wird das von Politikern jeglicher Couleur aktuell für richtig Gehaltene gern als die („alternativlos“) einzig mögliche Wahrheit verkündet,  welche die Verkündenden dann, selbstredend (also: sich selbst zuredend…) und um jedweden Zweifel schon im Voraus für unzulässig zu erklären, zusätzlich noch als ihre „feste Überzeugung“ ausgeben. Dass eine „feste Überzeugung“ weder etwas über den Wahrheitsgehalt noch über die Richtigkeit einer Behauptung auszusagen vermag, gerät angesichts der geradezu inflationären „festen Überzeugungen“ im politischen Tagesgeschäft zunehmend aus dem Blickfeld.

Und so kommt es, wie es kommen muss: dass ständig irgendwelche Politiker – mit jedem Recht auf Wahrhaftigkeit – als Lügner oder (Wahl)-Betrüger bezeichnet werden dürfen.

„Wir müssen erkennen, wie die Sprache für sich selbst sorgt.“

(Ludwig Wittgenstein: Tagebücher 1914 – 16, Hervorh. i. Orig.)